Roland Metzger hat tausenden zu einem neuen Job verholfen. Jetzt ist der Grnder der Internetstellenbrse Jobpilot selbst arbeitslos ñ allerdings aus freiem Willen.
Der 48-jhrige Mathematiker kann es sich leisten: Als der Schweizer Personaldienstleister Adecco im vergangenen Jahr die Jobpilot AG bernahm, strich Mehrheitsaktionr Metzger fr seinen 40-Prozent-Anteil fast 30 Millionen Euro ein. Eine sensationelle Rendite fr den Unternehmer, der vor acht Jahren Jobpilot grndete und mit seinen Onlineinseraten vor allem den Verlagen mit ihren gedruckten Stellenmrkten in der Zeitung zu schaffen machte.
Doch die Konjunkturkrise hat die Onlinebrsen lngst genauso hart getroffen wie die Stellenmrkte der Zeitungen ñ auch wenn heute jeder zweite Personalchef online bei Jobpilot, Monster oder Stepstone auf die Kandidatenpirsch geht. Binnen eines Jahres ist die Zahl der Stellenangebote etwa bei Stepstone fast um die Hlfte zurckgegangen. Marktfhrer Jobpilot schaffte im ersten Halbjahr 2002 gerade noch eine schwarze Null bei einem Umsatzrckgang von 36 Prozent auf 16,2 Millionen Euro. Dazu kommt, dass die Unternehmen ihre Stellen immer hufiger ber die eigene Homepage im Internet ausschreiben.
Wenn berhaupt noch inseriert wird, kommen allerdings fast immer die Onlineportale zum Zug. Sie profitieren selbst in der Krise so vom Sparzwang in vielen Unternehmen, glaubt Ursula Triller, Grnderin und Geschftsfhrerin von worldwidejobs.de: ÑImmer mehr Personalabteilungen wechseln mit den verbliebenen Budgets und Anzeigen von den Printmrkten zu den Internetbrsen.ì
Lebenslauf-Datenbanken gefragt
Der Schnppchenfaktor zieht bei den Personalern. Eine Onlineschaltung kostet zwischen 350 und 650 Euro, eine viertel Seite in einer berregionalen Zeitung rund 13.000 Euro.
Und die Internetannoncen erreichen eine groe Zahl von Lesern: Inzwischen steuern tausende Bewerber die Jobseiten im Netz an. Die groen kommerziellen Anbieter wie Jobpilot, Monster, Stepstone oder Jobscout24 weisen jeden Monat sechsstelllige Besucherzahlen aus, die sich ber Zusatzdienste wie Channels, Communities und Chats freuen.
Die Portale profitieren auch von den stetig wachsenden Lebenslauf-Datenbanken wechselwilliger Kandidaten, Berufsanfnger und Praktikanten. Dabei sei ÑDeutschland ein recht konservativer Marktì, sagt Hans Jorda, Manager bei der Monster-Mutter TMP Worldwide. Whrend Monster hier zu Lande erst 280.000 Bewerberprofile digital vorhlt, sind es in den USA 22 Millionen. Dank spezieller Software lsst sich der Bewerbungsprozess mittlerweile auch umkehren: Unternehmen geben das Wunschprofil ihres knftigen Mitarbeiters ein und Sekunden spter spuckt der Computer eine Liste geeigneter Kandidaten aus.
Das macht die Arbeit fr Personalverantwortliche leichter und effektiver. Sie schtzen die Mglichkeiten der Vernetzung zwischen externem Karriereportal und internen Personalfunktionen. Zum Standard gehren inzwischen die automatische Aktualisierung von Jobanzeigen, der EDV-gesteuerte Abgleich von Stellenprofil mit Bewerberdaten und moderne Rekrutierungssoft-ware, wie sie zum Beispiel Bertelsmann einsetzt. Seit Einfhrung des so genannten ÑBeCruitersì, eines Bewerbermanagementsystems, kann die Personalabteilung in der gleichen Zeit zwei Drittel mehr Bewerbungen bearbeiten als zuvor. Mit dem System fhrte etwa Bertelsmann die Bewerberpools der einzelnen Unternehmensbereiche durch den Aufbau einer eigenen konzernweiten Datenbank zusammen und schaffte damit fr alle Personalabteilungen eine einheitliche Recruitingplattform. Zudem knnen jetzt die dezentralen Personalabteilungen mit wenigen Klicks entscheiden, auf welchen Kanlen ihre Anzeigen erscheinen sollen. Mehr Effizienz, weniger Kosten ñ das goutieren Unternehmen.
Um resistenter gegen Konjunkturkrisen zu werden, bauen die Onlinestellenmakler neue Geschftsfelder auf und mutieren zum kompletten Rekrutierungsservice. Die Jobportale bernehmen das Geschft klassischer Personalberater, indem sie gegen Honorar Arbeitgebern Karrieretraining fr Bewerber oder den Check von Bewerbungsunterlagen fr Stellensuchende anbieten. Bei Jobpilot ist die Durchsicht der Bewerbung fr 99 Euro zu haben, Jobscout verlangt 95 Euro. Das zeigt: Auch der Wettbewerb unter den Portalen nimmt zu.
Deshalb wird von den rund 400 Stellenmrkten, die der Branchendienst Crosswater-Systems fr den deutschsprachigen Raum gezhlt hat, Ñmittelfristig nur eine Hand voll in der ersten Liga mitspielenì, prognostiziert Jobbrsen-Pionier Metzger. Gegen die groen Marken wie Adecco/Jobpilot oder TMP/Monster haben kleine Anbieter kaum noch Chancen.
Konzentrationsprozess luft auf Hochtouren
Der Konzentrationsprozess ist in vollem Gange. Stepstone kaufte in den vergangenen Jahren Stellenmagazin.de, Careernet, Job-Today und Careerportal. Dotcom-Riese Yahoo hat sich fr 436 Millionen Dollar den amerikanischen Internetstellenmarkt Hotjobs einverleibt. Jobscout24, das mehrheitlich der Beisheim-Holding gehrt, bernahm Topjobs.net.
Da wollen und knnen die groen Zeitungsverlage nicht tatenlos zusehen. Die Konzerne WAZ, Holtzbrinck und Ippen wollen ihr Gemeinschaftsunternehmen ISA (Kurzform fr Immobilien-, Stellen- und Autoanzeigen) jetzt auch zum Angriff auf die verlagsunabhngigen Jobbrsen nutzen. Bestehende Beteiligungen sollen ausgebaut und der Einstieg in andere Portale forciert werden. So hat ISA eine Dreiviertelmehrheit bei Stellenanzeigen.de bernommen, zuvor gehrten der WAZ die Hlfte der Anteile.
Das Motiv der Verlage ist klar: Ein Groteil der Onlineinserate wird nicht mehr in die gedruckten Stellenmrkte zurckkehren.
ROLAND KARLE am 03.03.2003.
Quelle: wiwo.de
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